Venus Optics LAOWA 7.5mm/2.0 MFT - ein Erfahrungsbericht

  • In meiner Objektivsammlung fehlte mir noch ein richtiges Weitwinkel, also deutlich unter 12mm. Den Markt hatte ich bis dato sondiert, aber es war nichts für mich Brauchbares dabei. Entweder waren die Preise jenseits von Gut und Böse (respektive weit über 1.000 Euro), kombiniert mit schwacher Lichtstärke (für meine Zwecke) oder man bekam in der Kategorie bis 8mm nur Fischaugen, was für mich absolut nicht in Frage kam.


    Umso besser dass der chinesische Hersteller Venus Optics ein 7.5mm Weitwinkel für MFT, ohne Fischauge, Anfang 2017 ankündigte. Die Papierdaten waren schon mal beeindruckend, auch der anvisierte Preis von 599 Dollar (meist 1:1 in Euro umrechenbar wegen Zoll, Steuern etc.). Ende Juni war es dann soweit und der dt. Distributor Brenner (derzeit scheinbar der einzige dt. Laden) bekam die Linse rein. Anmerkung..auch wenn das Objektiv schon leicht ist (170g), wird es demnächst eine nochmals um 20g abgespeckte spezielle Drohnenversion geben. Also die ist lediglich noch leichter, sonst ist alles gleich.


    Geliefert für 625 Euro inkl.Versand. Das Objektiv kommt in einer stylischen Verpackung mit Magnetverschluss. Neben dem Objektiv gibt es eine Minisonnenblende, die sehr leicht anbringbar und abbaubar ist, dabei aber nicht direkt lose sitzt. Der Objektivdeckel sitzt dagegen bombenfest. Das Objektiv ist komplett manuell. Bedingt durch die kleine Baugröße muss man natürlich ein wenig filigraner an den Focusring herangehen. Dieser hat einen angenehmen Widerstand und man läuft somit kaum Gefahr, über Schärfepunkte hinauszuschießen. Der unendliche Fokus liegt hier wie meist kurz vor dem Anschlag, wird aber mit der gekippten 8 auch perfekt abgebildet. Legt man die Markierung drunter, hat man perfekt den unendlichen Fokus. Da kenn ich auch andere manuelle Objektive, wo man den unendlichen Fokus erraten darf. Der Blendenring ist natürlich bauartbedingt auch sehr dünn, hier hat Venus Optics aber wohl auch mitgedacht und ihn mit leichten Rasterungen bei den Hauptblenden (2-2.8-4.0-5.6 usw.) versehen, trotzdem kann man dort aber noch Zwischenwerte einstellen, wenngleich die Abstände ab 4 so enge werden, dass man eigentlich sowieso nur noch die Rasterpunkt Blenden auswählt. Maximal abblendbar ist auf 22. Minimum 2.0.


    Wie schlägt sich das Teil nun? Vorab..ich bin kein Freund von Testcharts, ich beurteile meine Objektive auf Sicht im alltäglichen Einsatz. An der durchaus etwas klobiger geratenen GH5 sieht das Objektiv erstmal fast nach nichts aus. Wenn man sich auf "bigger is better" versteift.An einer GX80 dürfte das Objektiv etwas harmonischer aussehen ;), da die Proportionen mehr passen. Aber auf die Größe kommt es hier wieder mal nicht an. Einerseits wenig überraschend liefert das Objektiv bei Offenblende 2.0 eine gute Performance in der Bildmitte, an den Ecken wird es jedoch deutlich unscharf. Verglichen mit meinem 1.8 45mm Olympus ist die Unschärfe in den Ecken bei Offenblende aber nur wenig schlechter und wenn man bedenkt, was man hier für ein riesiges Weitwinkel hat, ist die Leistung damit bei Offenblende durchaus gut. Blendet man ab, nimmt die Qualität peu a peu zu. Zwischen 5.6 und 8.0 erreicht das Objektiv seine maximale Schärfe bis in die Ecken, ich würde auf Sicht 8.0 noch einen Ticken besser einschätzen als 5.6. Die Abbildungsleistung bei 8.0 ist hervorragend, immer unter dem Gesichtspunkt, was man hier für eine, technisch schwierige, Brennweite an der Kamera hat. Die Ecken sind mehr als ausreichend scharf, die Bildmitte sowieso. Ich filme daher tagsüber mit 8.0, unterstützt von einem 8xND Filter (Gewinde 46mm, passt netterweise auch an eins meiner Olympusse). Bei vollem Sonnenlicht komme ich somit problemlos auf 1/50 bei 24fps. Die tonnenförmige Verzeichnung ist ebenfalls gering und kommt besonders dann zum tragen, wenn man ungünstige Kamerawinkel wählt (von unten, kann aber auch als Stilmittel benutzt werden) oder das Objektiv in engen Häuserschluchten oder ähnlich beengte Verhältnisse einsetzt. Womit wir bei einem weiteren Punkt wären...


    Ich habe schnell festgestellt, dass ich das filmen mit diesem Objektiv teilweise neu erfinden muss. Wie schon im Hinblick auf die Verzeichnung erwähnt, spielt das Objektiv vor allem dann auf, wenn man weitläufige Landschaften vor sich hat oder auf einem deutlich erhöhten Punkt steht. Die "Aussicht" die das Objektiv dann per Bildausschnitt liefert ist phänomenal. Hier muss man also deutlich länger Ausschau halten, wo sich geeignete Spots befinden. Sonst verschenkt man viel in der Bildkomposition. Darüberhinaus muss man auch beim Schnitt anders herangehen, denn bei weitläufigen Ansichten muss man dem Zuschauer mehr Zeit pro Take geben, um alles zu erfassen. Nach meinen ersten 2 Ausflügen hat sich das Laowa 7.5 mm schnell in mein Herz und Auge gespielt. Wenn man ihm die richtigen Bildausschnitte vorsetzt, wird man mit einem enorm breiten und scharfen Ausblick belohnt. Klar ist dass das Objektiv weder für Portraits noch andere Nahaufnahmen taugt. Denn je näher man an Objekte geht, desto mehr wird die Verzeichnung sichtbar. Womit wir wieder beim neu filmen lernen sind. Mit einem gewissen Abstand sind aber auch einzelne Objekte im Bild als Mittelpunkt hervorhebbar, ohne dass die Brennweitenschwächen deutlich auffallen. Flairs sind natürlich auch keine allzugroße Stärke des Objektivs, kann man aber auch verhindern oder als Stilmittel nutzen.


    Für mich ein tolles Objektiv, was sehr spezielle Einsatzgebiete hat und erfordert, dann aber in Verbindung mit einem Gefühl für Bildkomposition atemberaubende Ein-und vor allem Ausblicke bietet.

  • Sehr schöner und informativer Bericht, vielen Dank dafür!


    Du kennst sicher auch das WW-Zoom von Panasonic (7-14mm, F4,0). Es verfügt über einen Blendenantrieb und lässt eine Entfernungssteuerung über den kamerainternen AF zu. Klar, es kostet fast 200 Euro mehr. Auch weiß ich nicht, ob es ebenfalls unter signifikanten Randunschärfen bei offener Blende leidet. Allerdings wird es von den Lumixen recht gut entzerrt, weil dieses Objektiv in deren Firmware integriert ist. Natürlich dürfte dessen Auflösung nicht an das LAOWA mit seiner Festbrennweite heran reichen (?) - es stellt sich mir nur die Frage, wo der tatsächliche Mehrwert liegt und ob sich die Ausgabe von 625 Euro für ein komplett manuelles Objektiv lohnt, dessen eigentliche Stärke - nämlich die hohe Lichtstärke - Deinem Bericht zufolge eigentlich nicht wirklich überzeugend greift (wegen Randunschärfe). Zudem ist man fest auf 7,5mm fixiert... eine Festbrennweite eben. Man muss sich m.M. nach also wirklich gut überlegen, ob man sich darauf einlassen kann und auch will.


    Und das Panasonic geht mit seinen 7mm noch etwas weiter herunter, auch wenn sich das nicht soooo dramatisch auswirken mag. Doch 0,5mm sind in diesem Wertebereich um die 7mm durchaus in Prozenten ausdrückbar (ca. 7%).

  • Ich brauche es primär für meine Konzertfilmerei in kleinen düsteren Clubs. Da düster, sind 4.0 offen inakzeptabel (das meinte ich auch mit "schwacher Lichtstärke für meine Zwecke") und da "klein" bzw. "sehr klein", komme ich mit 12mm öfter an die Grenzen der Blickwinkel bzw. sind 12mm in vielen Clubs schlicht noch zuviel, um bspw. seitlich eine Bühne in voller Ausdehnung im Bild zu haben. GoPro kann man ebenso wegen schlechter Lichtstärke knicken. Wir reden hier von so miesen Lichtbedingungen, dass ich teils mit ISO800 bei 1.8 und 1/50 filmen muss, teilweise auch schon über ISO1000. Da kann ich nix über 2.0 gebrauchen, wenn ich nicht mit NeatVideo brutal über die Ergebnisse fahren will. So hab ich ein enormes Weitwinkel mit clubtauglichen 7.5mm und die Randschwächen sind nicht bemerkbar, wenn man übrigens wie draußen nachts so filmt, dass sich das beleuchtete Objekt in der Mitte aufhält. Die Nacht frisst die unscharfen Ecken. In freier Wildbahn bringt es abgeblendet sehr gute Schärfe von Rand zu Rand. Darüberhinaus filme ich fast ausschließlich mit Festbrennweiten, Ausnahme FZ2000 und LX100. Wie schon an der LX100 halte ich 7mm "Zoom" erst recht für einen Scherz ;), das ist faktisch ne Festbrennweite, die 14mm werden auch nicht mal die "harten" Regeln der Bildausschnitt Änderung bestehen. Wenn ich Zoom brauche, kommt die FZ2000 mit. Und gerade das Weitwinkel würde man durch den Zoom versauen, da der enorme Blickwinkel genau das ist was reizt. Das mach ich mir mit 14mm direkt wieder kaputt bzw. kann dann auch mein 12mm 2.0 nehmen. Wie schon im Fazit geschrieben...es ist ein sehr spezielles Objektiv für sehr spezielle Anwendungsgebiete. Es ist definitiv kein "immer drauf/immer dabei" Objektiv, da es nur für ganz spezielle Einsätze tauglich ist, dort aber seine Stärken richtig ausspielt. Und mal ehrlich...den Leuten z.B. mit dem Leica 100-400 gehts auch nicht anders, da könnte man dasselbe fragen wieso die sich so ein Kanonenrohr zulegen, was nur bei ganz bestimmten Einsätzen sinnvoll ist.

  • ... wenn man übrigens wie draußen nachts so filmt, dass sich das beleuchtete Objekt in der Mitte aufhält. Die Nacht frisst die unscharfen Ecken.


    Dadurch ist man in der Bildgestaltung dann aber doch recht eingeschränkt. :/


    Vielen Dank für den ausführlichen Bericht!



    So ein enormer korrigierter Weitwinkel (also ohne Fischauge) ist für solche Aufnahmen genial, das stimmt.
    Nicht nur um statisch die ganze Bühne drauf zu bekommen, sondern vor allem kann man den Leuten vor der Bühne - sprich Gäste - damit so richtig auf die Pelle rücken.
    Das bringt meistens sehr positive tolle Reaktionen der Leute direkt in die Kamera.
    Sowas lockert den Film ungemein auf.


    Ich verwende da gerne das 10-18mm an der FS7 (entspr. ca. 7-12.5 an MFT).
    Okay, es hat zwar auch nur F4, aber das kann ich bei nativer ISO2000 verschmerzen.


    Daher kann ich gut verstehen, dass Du 7,5mm Brennweite an MFT in Dein Herz geschlossen hast für solche Aufnahmen.



    Schade bei dem Objektiv ist natürlich, dass es erst ab Blende 5.6 richtig scharf zeichnet.
    Normalerweise geht man davon aus, dass ein Objektiv ab einer Blende abgeblendet seine maximale Schärfeleistung erreicht und dann für etwa 2-3 Blenden aufrecht hält.


    Das wäre dann bei dem 10-18 F4 ebenfalls Blende 5.6



    Viele Grüße
    Peter

  • Ein solhes WW-Objektiv ist eine schöne Bereicherung. Gerade wenn es "eng" zu geht und man z.b. die Athmosphäre eines Raumes einfangen möchte indem man den Raum komplett zeigt. Oder auch mal eine Landschaft.


    Das sollte aber nicht darin enden das in z.b. einem Urlaubsfilm auf einmal alle Einstellungen mit 7mm daherkommen. Denn das wird dann schnell mal langweillig ;)


    Nachdem ich jetzt einige Tage sehr viel mit mFT fotografiert habe verstehe ich den "Hang" der mFT-Jünger zu absolut lichtstarken Objektiven. Alleine schon des Bokeh's wegen - was mit einer APS-C - Kamera bei einem Portrait mit f4,0 noch ein schönes Bokeh ergibt ist bei mFT schon deutlich schwächer ausgeprägt....

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  • Das sollte aber nicht darin enden das in z.b. einem Urlaubsfilm auf einmal alle Einstellungen mit 7mm daherkommen. Denn das wird dann schnell mal langweillig ;)

    Das geht natürlich nicht. Es ist eine Erweiterung der Möglichkeiten.


  • Schade bei dem Objektiv ist natürlich, dass es erst ab Blende 5.6 richtig scharf zeichnet.
    Normalerweise geht man davon aus, dass ein Objektiv ab einer Blende abgeblendet seine maximale Schärfeleistung erreicht und dann für etwa 2-3 Blenden aufrecht hält.


    Das wäre dann bei dem 10-18 F4 ebenfalls Blende 5.6

    Kann man das vergleichen? Offenblende 4 ist ja schon ziemlich scharf, dass es da nur noch 1 Blende braucht um volle Leistung zu haben, ist ja verständlich, der Weg zu bis 5.6 ist nicht weit. Aber ein 2.0 oder noch weniger erreicht niemals seine beste Leistung mit +1-2 Blenden. Da kenne ich keins. Je offener, desto mehr +Blenden braucht das Objektiv um in Fahrt zu kommen. Alle meine offenen von 1.8-2.0 erreichen meist bei 5.6 die beste Leistung.

  • Ich brauche es primär für meine Konzertfilmerei in kleinen düsteren Clubs. Da düster, sind 4.0 offen inakzeptabel (das meinte ich auch mit "schwacher Lichtstärke für meine Zwecke") und da "klein" bzw. "sehr klein", komme ich mit 12mm öfter an die Grenzen der Blickwinkel bzw. sind 12mm in vielen Clubs schlicht noch zuviel, um bspw. seitlich eine Bühne in voller Ausdehnung im Bild zu haben.


    Verstehe, das ist durchaus ein Argument. Dann ist es auch relativ egal, was mit den Bildrändern bei diesem Licht geschieht. Oft wirkt das sogar im positiven Sinne. Schwierig ist dann halt dennoch die manuelle Einstellerei (Fokus). Es gibt Leute, die meinen, ein starkes WW befreit einem von diesem Problem. Das muss aber leider nicht so sein.